Allgemein

10 Jahre Women in Law Jubiläum: Susanne Mortimore  im Interview
„Springen Sie auf den AI-Zug auf.“ Susanne Mortimore, Geschäftsführerin des Recht-Steuern-Wirtschaft-Medienunternehmens LexisNexis Österreich, spricht über ihren Karriereweg, diskriminierende Muster und die Chancen durch Artificial Intelligence. Sie betont, wie wichtig es…

„Springen Sie auf den AI-Zug auf.“

Susanne Mortimore, Geschäftsführerin des Recht-Steuern-Wirtschaft-Medienunternehmens LexisNexis Österreich, spricht über ihren Karriereweg, diskriminierende Muster und die Chancen durch Artificial Intelligence. Sie betont, wie wichtig es ist, als Frau in der Führungsetage sichtbarer zu werden und disruptive Veränderungen aktiv zu nutzen: „Frauen dürfen sich nicht länger mit Mehrfachbelastungen abfinden.“ Netzwerke und digitale Tools spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie sieht in Generative AI die Zukunft der Branche und rät jungen Juristinnen, sich frühzeitig auf diesem Gebiet zu spezialisieren.

Ein Interview mit Susanne Mortimore

Können Sie etwas über Ihren beruflichen Werdegang und Ihre Erfahrungen in der Rechtsbranche erzählen? Gab es besondere Hürden oder Herausforderungen, denen Sie als Frau begegnen mussten und wie sind Sie damit umgegangen?

Als ich zu LexisNexis kam, hatte ich bereits 20 Jahre Verlagserfahrung. In mehreren unterschiedlichen Geschäfts- und Verlagsführungspositionen unter anderem bei einem der größten österreichischen Medienunternehmen bot sich mir sehr früh die Gelegenheit, mich mit Veränderung, Digitalisierung und Transformation in dieser Branche auseinander zu setzen. Diese Erfahrung und die damit erworbenen Skills konnte ich in die Fachverlagswelt einbringen und hatte dadurch sehr schnell das Gefühl etwas bewegen zu können. Als internationaler Konzern mit Headquarter in den USA ist für LexisNexis Gleichstellung ein Selbstverständnis, dennoch würde ich mir wünschen, dass der Frauenanteil vor allem auf höchsten Ebenen noch steigt. Was unsere österreichische Unit betrifft, kann ich stolz berichten, dass unser Managementteam zur Hälfte aus Frauen besteht und der Kreis an Teamleads einen Anteil von 67% hat

Gleichstellung ist ein erster notwendiger Schritt, der jedoch selbstverständlich sein sollte. Wenn man etwas verändern möchte, muss man oft zusätzliche Zeichen setzen.

Welche Maßnahmen oder Unterstützungen halten Sie für essenziell, um die Karriereentwicklung von Frauen in der Rechtsbranche zu fördern?

Netzwerke sind ein gutes Mittel, um Awareness zu schaffen und Druck aufzubauen, damit Veränderung stattfinden kann. Women in Law leistet hier ganze Arbeit. Frauen dürfen nicht mehr das Gefühl haben, sie stehen allein da. Ein wichtiger unterstützender Faktor war in den letzten Jahren sicherlich auch der Fachkräftemangel. Firmen aber auch Kanzleien können es sich gar nicht mehr leisten, auf Frauen zu verzichten. Dieses Momentum kann genutzt werden, um Bedingungen zu stellen und so gezielt Veränderung herbeizuführen. Als Frauen müssen wir auch umdenken und dürfen Mehrfachbelastungen nicht mehr einfach in Kauf nehmen und uns dabei nichts anmerken lassen.

Inwiefern hat sich Ihrer Meinung nach die Situation bezüglich Diversität und Inklusion in der österreichischen Rechtsbranche in den letzten Jahren verändert?

In Medienunternehmen sehen wir immer schon eine bunte, diverse Mischung und unterschiedliche Talente. Das befruchtet ganze Teams und trägt positiv zu Veränderungsbereitschaft und Flexibilität bei, was gerade in der heutigen Umbruchszeit absolut essenziell ist, um voran zu kommen, und die Chancen die sich bieten, zu ergreifen.

Gerade bei größeren Projekten ist Teamwork unerlässlich und jeder Beitrag ist wertvoll. Eine Fragestellung nicht nur aus einem Blickwinkel, sondern unterschiedlichen zu beleuchten, trägt massiv zur Qualität eines Ergebnisses bei.

Auch ein öffentliches Bekenntnis zu Diversität und Inklusion ist wichtig. Bei LexisNexis reicht es uns nicht, für vier Wochen einen Pride Month auszurufen, sondern wir leben das ganze Jahr eine offene Einstellung, zum Beispiel haben wir ein eigenes Diversity & Inclusion Team, wir bieten anonyme Kontaktmöglichkeiten und erheben intern die Zufriedenheit und Herausforderungen bei D&I mittels anonyme Befragungen. “What you measure is what you get” – dieses Motto kann man übrigens auch auf andere Gleichstellungsthemen übertragen.

Welche Chancen und Risiken sehen Sie in der zunehmenden Digitalisierung der Rechtsdienstleistungen?

Generative AI wird die Rechtsbranche sehr stark verändern. Als langjährige Vorreiter, die AI seit vielen Jahren einsetzen, um Juristinnen und Juristen ihren Arbeitsalltag zu erleichtern, steht LexisNexis in der ersten Reihe bei der Entwicklung von generativen AI-Lösungen und da sehen wir es als unsere Verantwortung AI zum Vorteil der Rechtsbranche mitzugestalten.

Wir arbeiten an Lösungen, die Expertinnen und Experten Routinen abnehmen und ihnen mehr Zeit für ihre Expertinnen-Aufgaben verschaffen. Damit wollen wir auch ganz klar zu ihrem wirtschaftlichen Erfolg beitragen.

Natürlich muss man wachsam sein, und zum Beispiel verhindern, dass AI-Tools keine diskriminierenden Muster antrainiert werden. Wir haben uns klare Regeln gesetzt, unter anderem Transparenz darüber, was beim Einsatz von generativer AI passiert sowie das Miteinbeziehen von Expert:innen . Wir arbeiten bei der Entwicklung von AI Tools darüber hinaus mit einer Kanzlei zusammen, die über große Expertise verfügt und uns berät
Apropos Digitalisierung: Bei LexisNexis ist virtuelles und hybrides Arbeiten Teil unserer DNA. Dadurch ist Homeoffice selbst bei Projekten wo große Gruppen zusammenarbeiten und viel Austausch nötig ist, problemlos möglich. Ich kann nur sagen, Homeoffice bietet bei uns auch vielen Männern die Möglichkeit, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen.

Was sind Ihrer Meinung nach die Schlüsselelemente für ein erfolgreiches professionelles Netzwerk in der juristischen Branche?

Einerseits natürlich Branchenevents. Dass dies auch so wahrgenommen wird, sehen wir daran, dass nach Corona die Anzahl an Events und auch die Teilnahme daran über das Niveau von davor geklettert ist. Aber vor allem auch die digitale Vernetzung hat an Bedeutung gewonnen: alle unsere Autor:innen haben die Möglichkeit ihre Fachartikel über alle unsere Kanäle zu teilen und so Reichweite und Öffentlichkeit zu generieren. Wir haben uns auch neue Formate wie zum Beispiel die Lexis Views überlegt, mit denen wir unseren Autor:innen zusätzliche Sichtbarkeit verleihen. Das funktioniert über Social Media und allgemein digitale Kanäle natürlich besonders gut und breitenwirksam. Wir unterstützen sie dabei auch zb bei Linkedin, wenn sie LexisNexis Österreich taggen.

Wie sind Sie an den Aufbau Ihres eigenen Netzwerks herangegangen und welche Strategien haben sich als besonders effektiv erwiesen?

Wenn man schon lange im Geschäft ist, kann man natürlich auf ein breites Netzwerk zurückgreifen, das sich durch übergreifende Projekte, gemeinsame Aktivitäten, Wissensaustausch, etc. ständig exponentiell erweitert. Wenn ich an die österreichische Verlagsbranche denke, traue ich mich sagen, dass ich hier nahezu lückenlos vernetzt bin, das betrifft auch die jüngeren Kolleginnen und Kollegen die nachkommen, denn das ergibt sich dann quasi von selbst. Ein klarer Vorteil besteht wahrscheinlich darin, dass man mittlerweile viel unkomplizierter und schneller in Kontakt treten kann, eine schnelle Nachricht über LinkedIn, ein kurzfristig angesetzter Teamscall, ein spontanes like zu einer Social Media Aktivität von einer Kollegin, keine großangelegte Anbahnungskommunikation und lange Vorlaufzeiten mehr, das hat sich schon stark verändert. Es ist durchaus ein Zeitinvest, selbst aktiv zu bleiben, aber auch die relevanten Aktivitäten der Anderen mitzuverfolgen, aber das gehört heute einfach dazu .

Haben Sie Vorbilder?

Ja, einige sogar. Ich halte Vorbilder für einen extrem wichtigen Aspekt, wenn es darum geht, Frauen, die im Recht oder in der Wirtschaft etwas erreichen wollen, zu stärken und zu zeigen, dass es möglich ist. Das Konzept, Erfolge zu reproduzieren, wird in der Wirtschaft tagtäglich vielfach angewendet. Es gibt so viele Beispiele von herausragenden Frauen, die viel erreicht haben. Ich erinnere an die erste, leider kürzlich verstorbene, Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein. Sie hat anhand so vieler Beispiele Erfolg und Gestalterinnentum vorgelebt. Sie als Vorbild zu haben und sich von ihr etwas abschauen zu können, ist ein Geschenk.Von einer solchen Frau ein Kompliment zu bekommen, ist das Größte. Das ermutigt und es verleiht so viel Antrieb, Gestaltungswillen und Energie, dass ich nur sagen kann: lasst uns stolz sein erfolgreiche Gestalterinnen zu sein (und ich weiß, Erfolg ist relativ zu sehen), und lasst uns die Talente unserer Kolleginnen laut ansprechen, wenn wir sie erkennen. Wir Frauen sind nicht immer gut genug darin, uns gegenseitig zu loben, dabei wäre das so wichtig.

Welche Ratschläge würden Sie jungen Juristinnen geben, die gerade ihre Karriere in einer überwiegend männlich dominierten Branche beginnen?

Zusätzlich zu allem bisher Gesagten: Zukunftsthemen wie im Moment gerade Generative AI eignen sich besonders gut, um Expertise aufzubauen, sich selbst eine Bühne zu verschaffen, Kompetenz zu zeigen. Daher: Springen Sie auf den AI-Zug auf. Die Nutzung von AI-Tools wird auch für die Rechtsbranche bald unumgänglich werden und es wird zur Bildung neuer – später stark nachgefragten – Skills kommen. Bieten sie sich an, das Neue, die Veränderung zu managen und zu meistern.

Interviewpartnerin:

Susanne Mortimore, CEO von LexisNexis Österreich, treibt die Expansion und Digitalisierung des Unternehmens voran. LexisNexis kombiniert hochwertige Fachliteratur aus Recht und Wirtschaft mit innovativen digitalen Lösungen, darunter die AI-basierte Suchtechnologie Lexis SmartSearch, Mortimore hat über 20 Jahre Erfahrung in der Verlags- und Medienbranche, u.a. bei der Styria-Verlagsgruppe, und wurde für ihre Krisenmanagementfähigkeiten, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, als beste Krisenmanagerin (Bildung) ausgezeichnet.

0 Kommentare