Mag. Dr. Eva Maria Tscherner wurde als Mentee für den ersten Durchlauf des Women in Law Mentoring Programmes ausgewählt. In einem persönlichen Gespräch haben wir mehr über die Motivation hinter ihrer Bewerbung erfahren:
Was ist Ihr berufliches Motto?
Mut kann man nicht kaufen. Das ist gerade im rechtsanwaltlichen Beruf ein Balanceakt, da Vorsicht eine der Kardinaltugenden zu sein hat. Die Angaben des/der Mandant:innen, die eigene Vorgehensweise und insbesondere die Argumente der Gegner und Gerichte sind stets auf ihre Validität zu überprüfen. Mut bedeutet also nicht waghalsiges oder voreiliges Handeln, ganz im Gegenteil: In Kenntnis der Umstände und Gefahren in einem vernünftigen Zeitraum bewusste Entscheidungen zu treffen, darauf kommt es an.
Dies bedeutet aber keineswegs, dass einmal getroffenen Entschlüsse unumstößlich sind. Kommen neue Informationen hervor, ändern sich die Rahmenbedingungen oä, bedeutet Mut, sich diesen neuen Gegebenheiten zu stellen und gegebenenfalls Kurskorrekturen vorzunehmen. Dies allerdings im Wissen, dass die vorherige Entscheidung ebenso auf den damals bekannten Umständen basierend die bestmögliche und damit richtige war.
Genau so ein Entschluss war es für mich, nach langer Tätigkeit an der Universität die Konzipientenzeit zu beginnen. Ich war begeistert von der Selbstwirksamkeit, die ich dadurch erreichen konnte, mit anderen Worten den verschiedenen Möglichkeiten, die mir an die Hand gegeben wurden, das Leben von Menschen zum Positiven zu verändern. Und genauso war es, als ich nach Abschluss dieser Konzipientenzeit die Chance hatte, als selbständige Rechtsanwältin in einem großen Kanzleiverbund tätig zu werden. Ich habe diesen Schritt nicht bereut, genieße den Rückhalt innerhalb der Kanzlei, die Teamarbeit bei größeren Mandaten und den fachlichen Austausch. Gleichzeitig ist es mir möglich, sehr selbstbestimmt zu arbeiten, was ja das Wesen der Selbständigkeit ist. Das Beste aus beiden Welten also.
Warum sind Sie bei diesem Programm als Mentee dabei?
Ich habe in der Vergangenheit zwar immer Chancengleichheit erlebt, sehe allerdings, dass es im Bereich der Rechtsanwalts-Kammern sowie der Anzahl der weiblichen Equity-Partner in Österreich Aufholbedarf gibt. Um auch in diesen Bereichen den Systemwandel zu erreichen, bedarf es aus meiner Sicht Vorbilder und Netzwerke, die dieses Programm zu liefern in der Lage ist. Mir kommt insbesondere die internationale Vernetzung zugute, da ich in Graz und damit außerhalb der Bundeshauptstadt Wien tätig bin. Meine Mentorin hätte ich im „echten“ Leben wohl nicht kennengelernt, da sie in Brüssel tätig ist, dennoch teilen wir so Vieles. Auch wenn man in einem größeren Unternehmen tätig ist, innerhalb dessen man das Glück hat, sich austauschen zu können, wie es bei mir der Fall ist, braucht es manchmal eine Sicht von außen. Schon die Beschreibung der eigenen Situation und die vom Gegenüber gestellten Fragen helfen, sich selbst bewusster zu werden, Wichtiges zu reflektieren und mit geschärftem Fokus weiterzugehen.
Warum funktioniert Mentoring?
Weil es ein Vertrauensverhältnis zwischen Fremden herstellt, im Zuge dessen man sich über Themen austauschen kann, die sonst erst spät in einer zwischenmenschlichen Beziehung oder gar nicht angesprochen würden, da man bspw. einen Wettbewerbsnachteil fürchtet, nicht so viel von sich selbst preisgeben möchte oder Ähnliches. Mentoring schafft zudem eine Kontinuität und ermöglicht so, einen Entwicklungsprozess beobachten zu können.
Was sind die Themen/ Bereiche, die am meisten diskutiert werden?
Mandanten-Akquise, strategische Ausrichtung im Unternehmen und am Markt, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Zwei Do‘s und Don’ts für die Karriere von Rechtsanwältinnen
Do’s:
- Sei fleißig, inhaltlich brilliant und stehe zu deinen Grenzen
- Finde ein Rechtsgebiet, Mandate etc., bei denen du im Flow arbeitest
Don’ts:
- Werde (nur) den Erwartungen anderer gerecht
- Formuliere kurz und klar, vermeide sinnlose Verfahren
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