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Gehalt, Karriere, Strukturen: Umfrage zum Weltfrauentag 2022
Rechtzeitig zum Weltfrauentag am 8. März 2022 wollten wir bei Women in Law wissen, wie es um die allgemeine Stimmung in der Branche steht. Dazu wurde das Women in Law…

Rechtzeitig zum Weltfrauentag am 8. März 2022 wollten wir bei Women in Law wissen, wie es um die allgemeine Stimmung in der Branche steht. Dazu wurde das Women in Law Netzwerk unter anderem zu Themen wie Networking und Akquise, Zusammenarbeit, Home Office und Karriere sowie Zukunftsplänen befragt. Die Antworten werfen teils erschreckende Missstände auf.

„Eigentlich sollte es den Frauentag nicht mehr geben… aber wir sehen, dass noch immer 61% der Frauen den Beruf „Rechtsanwältin“ in ihrem persönlichen Umfeld nicht empfehlen würden. Da muss und wird sich etwas ändern. Wir bei Women in Law tragen dazu bei.“

Sophie Martinetz, Gründerin von Women in Law.

In Hinsicht auf die Pandemie ist festzustellen, dass 63% der Befragten das Netzwerken in der neuen und oftmals virtuellen Situation schwerer finden. Der primäre Grund dafür ist der fehlende persönliche Kontakt, ein Resultat der ausbleibenden Präsenzveranstaltungen. Im Gegenzug wird aber die wegfallende räumliche Barriere bei virtuellen Networking Events sehr geschätzt.

Neue MandantInnen konnten auch seit Beginn der Pandemie dazugewonnen werden: 42% der Befragten gaben an, neue MandtantInnen gewonnen zu haben. Die Tatsache, dass 18,5% der Befragten die Akquise seit März 2020 als schwerer empfunden haben, untermauert die Problematik der wegfallenden Präsenzveranstaltungen. Immerhin knappe 10% haben angegeben, dass die virtuelle Umsetzung von Events, Workshops und Fortbildungen die Akquise erleichtert hätte.

Die Zusammenarbeit mit bestehenden KlientInnen betreffend scheint es zumindest keine starke Veränderung ins Negative gegeben zu haben. Über 70% sahen keine Veränderung, und gut 17% der Befragten gaben sogar an, eine bessere Zusammenarbeit mit den KlientInnen gefunden zu haben.

Eventuell steht dies in Zusammenhang mit dem gesteigerten Arbeitspensum – 63% gaben an, mehr zu arbeiten als vor der Pandemie. Dies läge primär an der Abnahme der Work-Life Balance. Weitere Gründe seien vermehrte Anfragen (in Bezug auf Corona), die Umstellung bzw Digitalisierung im Unternehmen und die sich verändernde Erwartungshaltung der KlientInnen.

Mit mehr Arbeit kommt zum Glück auch mehr Umsatz – 31% gaben an, dass ihr Umsatz im Laufe der Pandemie gestiegen sei. Gesunken sei er bei knapp über 6% – das sind positive Aussichten.

Home Office als Karrierebremse?

Knapp 31% der Befragten gaben an, das (verpflichtende) Home Office als Karrierebremse wahrzunehmen – primär, weil interne Kommunikation zu Mangelware wird und Leistungen weniger oder gar nicht sichtbar sind. Von den Befragten wurden knapp 60% seit Beginn der Pandemie nicht befördert, allerdings lagen hier in nur sehr wenigen Fällen pandemiebedingte Umstände zugrunde. Auch Gehaltserhöhungen gab es nicht gerade in Hülle und Fülle: über 43% gaben an, seit Beginn der Pandemie keine Gehaltserhöhung erhalten zu haben. Dies war nur bei knapp 40% der Fall, während sich ca 17% von der Frage nicht angesprochen fühlten.

Bei gut 38% ist die Prämie im Vergleich zu vor der Pandemie gestiegen, bei vielen war der Grund dafür die Belohnung für das Durchhaltevermögen – trotz ausbleibender Beförderung und Gehaltserhöhung und trotz der mehrfachen Arbeitsbelastung. Als weitere Gründe wurden Umsatzsteigerung und Leistung sowie Steuervorteile angegeben.

Umsatzveränderungen können aber auch für eine geringer ausfallende Prämie verantwortlich sein, wie die Umfrage gezeigt hat. So war dies der Hauptgrund, der im Falle einer kleineren Prämie angegeben wurde.

Die Zukunft der Frau in der Anwaltei

„Die Arbeitsbedingungen haben sich während der Pandemie für viele Frauen verändert, durch die Tendenz zum Homeoffice ist vielfach auch eine erhöhte Flexibilität und Zeltersparnis eingetreten. Trotzdem zeigt sich, dass die Hürden für Frauen, in den Anwaltsberuf einzusteigen und auch dort zu bleiben, nach wie vor immens hoch sind.“

Kerstin Holzinger, Mitgründerin von Women in Law und Partnerin bei Haslinger | Nagele Rechtsanwälte.

50% der Befragten gaben an, dauerhaft in einer Kanzlei tätig sein zu wollen. Ein Viertel der Befragten gibt an, einen Wechsel in Erwägung zu ziehen. Die verbleibenden 25% sind noch unsicher, schließen jedoch einen Wechsel nicht aus.

Eine erschreckende Nummer: zwei Drittel der Befragten kennen Frauen, die aus der Anwaltei wieder ausgestiegen sind. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber allen voran steht – mit enormen Vorsprung – die Unvereinbarkeit des Berufes mit der Familie.

Andere Gründe waren etwa die fehlende Work-Life Balance, das Einkommen, Stress oder zu hohe Arbeitsbelastung und patriarchalische Strukturen.

Wie schon eingangs angekündigt, würden auch 61% der Befragten den Anwaltsberuf nicht an (junge) Frauen aus dem persönlichen Umfeld weiterempfehlen. Die Gründe sind ähnlich: der Beruf sei nicht familienfreundlich, die patriarchalischen Muster seien zu festgefahren, fehlende Work-Life Balance, Stress oder gar Burnout. Die Hauptgründe, auf Basis derer die Befragten sich für eine Karriere in der Anwaltei ausgesprochen haben, waren unter anderem die abwechslungsreiche Tätigkeit, die Karrierechancen, das Einkommen und die Erfüllung durch den Beruf.

Im Gespräch: die Women in Law Gründerinnen Sophie Martinetz, Caroline Weerkamp und Kerstin Holzinger über die Ergebnisse der Women in Law Umfrage 2022:

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